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Kaiserliches Antlitz in Stein gemeißelt

18.09.2019

Vor dem Zahn der Zeit sind auch Kaiser und Könige nicht gefeit. Selbst oder gerade wenn sie aus Kalk- oder Sandstein gefertigt sind. Und so sind auch den gekrönten Häuptern an der Fassade des Aachener Rathauses die rund 150 Lebensjahre anzusehen. Doch ein nachhaltiges Lifting hat begonnen und soll die Karls, Maximilians und Ottos für die Zukunft erhalten. Wie so oft in den letzten Jahren beruht das aktuelle Sanierungsprojekt auf einer Initiative des Rathausvereins, der sich den Erhalt und die Verschönerung von Aachens wichtigstem weltlichen Gebäude auf die Fahnen geschrieben hat. Vor zwei Jahren wurde mit der Sanierung der Majestas Domini über dem Hauptportal der Startschuss für die Sanierung der insgesamt 55 Figuren an der Fassade gegeben. Jetzt verhüllen Gerüste und Planen vier kaiserliche Doppelgruppen rechts und links der Dreiergruppe. Sie sollen zum Krönungsmahl am 23. Oktober frei sein von allen Spuren der Zeit und einen wesentlichen Teil der Fassade deutlich heller aussehen lassen.


Die Schäden sind durchaus vielfältig, wie Restaurator Dietmar Krauthäuser von der Firma Kartäuserhof am Dienstag erklärte. Neben Umwelteinflüssen und mechanischen Beschädigungen gibt es durchaus auch noch Kriegsfolgen. Sie werden jetzt nach allen Regeln der Restaurierungskunst beseitigt. Heißt: Nach einer Schadensaufnahme wird je nach Gesteinsart im Feinstrahl- oder Laserverfahren gesäubert, abgefallene oder lose Gliedmaßen werden wieder befestigt oder originalgetreu ersetzt. Glücklicherweise wird der entsprechende Sandstein- und Kalksandstein noch abgebaut. Oberflächen werden stabilisiert, aber nicht versiegelt.

Georg Helg, der durchaus als Motor des Rathausvereins bezeichnet werden darf, betonte bei der Vorstellung des Sanierungsabschnittes die Bedeutung des Sponsorings. Denn genau wie der Rathausverein selbst den Charakter eines Bürgervereins hat, so stammen auch viele finanzielle Bausteine aus der Bürgerschaft selbst. Grundprinzip ist nämlich eine Kofinanzierung. Ein Sponsor übernimmt 50 Prozent der jeweiligen Restaurierung, die andere Hälfte stemmt der Rathausverein. „Der Sponsorenanteil ist bei 20.000 Euro gedeckelt“, hofft Helg auf weitere Unterstützer, die sich beim Rathausverein (www.rathausverein-aachen.de) melden können.

Das Modell hat aktuell jedenfalls dank der Unterstützung der Firmen DSA, Lindt & Sprüngli, Babor sowie der Neuman & Esser Stiftung und durch Dr. Werner Kempen bestens funktioniert. So konnte auch die Sanierungssumme für die aktuell vier Doppelfiguren in Höhe von 165.000 Euro aufgebracht werden. Stefan Kehr (Babor) und Dr. Eckhard Schultz (DSA) betonten die soziale Verantwortung ihrer Unternehmen für die Stadt. Und für die Darstellung ihrer Geschichte, die so zu einem guten Stück am Rathaus vorerst für die Zukunft gesichert ist.

Wissenswertes zu den Herrscherfiguren
Die Figuren an der Rathausfassade wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts installiert. Die Umsetzung erfolgte bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Unterbrochen wurde der Prozess durch den Rathausbrand von 1883. Insgesamt sind 55 Kaiser- und Königsstandbilder zu sehen, vier an der Ostseite über den Saalfenstern, 51 an der Südseite zum Markt. 30 Figuren der Südfassade stehen über den oberen Fenstern, 20 befinden sich an den fünf Pfeilern der beiden Obergeschosse. Hinzu kommt die bereits im vergangenen Jahr restaurierte Majestas Domini direkt über dem großen Eingangsportal.
Entstanden sind sie aus einer Art „Kaisersehnsucht“, wie Georg Helg, Vorstand des Rathausvereins und hervorragender Rathauskenner, erklärt. Dennoch seien sie über zwei Generationen ab etwa 1860 stets ein Streitpunkt gewesen.

Mit freundlicher Unterstützung der Aachener-Zeitung